Emo wurde schon mehrfach für tot erklärt und trotz ausgestellter Totenscheine von selbsternannten Musikexperten weigert sich das Genre, das immer am Rande des Suizids steht, stetig einfach zu sterben. Ein Grund ist sicherlich auch die Reinkarnation der neuen Generation, aber eben auch ein paar alte Bands, die sich treu geblieben sind.
Eine davon ist die Band Hawthorne Heights aus Ohio. Das sechste Album des Quartetts trägt den Namen „Bad Frequencies“ und liefert, entgegen des Titels, 13 eingängige und wohlklingende Songs. Auch 14 Jahre nach ihrem ersten Album schafft es die Band immer noch, dieses eine Gefühl zu erzeugen, das nur der Emocore der 2000er innehatte: dieser Balanceakt zwischen der großen Liebe und Todessehnsucht. Auch hat sich Sänger JT stimmlich kaum verändert (auch live klingt er nach wie vor wie damals) und singt immer noch nasal und hoch. Das diese Art des Gesangs nicht nur Fans hat sei dahingestellt, aber in Kombination mit verspielten Gitarren und ausgefeilten Melodien ergibt sich ein wunderschönes Gesamtbild. Zusätzliche Effekte erzeugen Mehrstimmigkeit und gelegentliche Screams runden das Bild dann auch schon ab.
Musikalisch bietet „Bad Frequencies“ nichts Weltbewegendes oder Neues. Es ist Emocore. Das Album ist teils tanzbar und teils für Mosh Pits geeignet, so wie man es auch schon oft gehört hat. Die Melodien bleiben, ebenso wie die Lyrics, gut im Ohr und sind technisch einwandfrei. Gepaart wird das Ganze mit kleinen Pop-Punk-Nuancen, die an Neck Deep oder die früheren Blink-182 erinnern. Es bleibt Emocore und schafft doch den Spagat, den alten Sound zu erhalten und dabei topaktuell zu klingen.
„Bad Frequencies“ ist eine Zeitkapsel. Würde man es nicht besser wissen, würde man dieses Album fast problemlos in die mittleren 2000er Jahre einordnen. Es klingt nicht alt, aber der Stil der Band ist nicht mehr so verbreitet wie damals. Umso begeisternder ist es, dass Hawthorne Heights es geschafft haben, dieses Gefühl einzufangen und erneut auf 13 Songs zu verteilen. Die band klingt gefühlvoll, verliebt, depressiv und ängstlich - teilweise alles in einem einzigen Lied. Die Texte sind gewohnt persönlich und enthalten ein wenig Pathos, rutschen aber niemals in die Belanglosigkeit. Die Lyrics sind erwachsen und ein bisschen weniger suizidal geschrieben als noch vor ein paar Jahren. Dennoch erreichen sie Hirn und Herz des Hörers mit voller Wucht.